Eis essend und lachend sitzen die Schülerinnen an diesem Freitagnachmittag vor dem Eiscafé „Evas Sünde“ in der Potsdamer Innenstadt. Doch etwas ist anders als sonst, denn Maja, Emilia und Marsia haben ein weißes Band mit orangefarbigen Aufdruck am Handgelenk.
„Meine Stimme zählt“ steht darauf und die Mädchen zeigen es stolz vor. „Unsere Freundin hat uns hierhergeschickt“, sagt Maja, und dass diese ein „Politik-Nerd sei“ und so also wusste, dass im Frauenwahllokal an diesem 17. Mai ein U-18-Wahllokal für die Europawahl eingerichtet ist.
Eines von 84 im ganzen Land Brandenburg, in dem Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ausprobieren können, wie sich Wählen anfühlt und auch ihre Stimme abgeben dürfen.

Wahlkabine im Potsdamer Frauenwahllokal
Die 12-jährigen Mädchen haben dies im Café getan und zum ersten Mal ein Kreuz auf einer Wahlliste gemacht und dafür auch die Wahlkabine aufgesucht, die hinter einer spanischen Wand eingerichtet wurde. An dem Tisch, an dem sie auch etwas über die ersten Frauen im Potsdamer Stadtparlament – Anna Flügge und Else Bauer – erfahren konnten.
Sie und auch andere Besucher*innen, die am Nachmittag vorbeikommen, sagen, dass es gar nicht leicht sei, sich für eine der 40 aufgeführten Parteien zu entscheiden. Den fünf Eis essenden Schüler* innen scheint es jedoch nicht schwer gefallen zu sein. Denn auf die Frage, was ihnen für die Zukunft wichtig ist, antworten sie fast wie aus einem Mund, dass sie etwas gegen den Klimawandel tun wollen und sich weiterhin gute Schulen bzw. eine gute Ausbildung wünschen. Und dass Mütter und Väter sich die Hausarbeit teilen sollten.

Informationsstand des Kinder- und Jugendbüros Potsdam vor dem Frauenwahllokal
Stolz erzählen sie, dass sie vor kurzem mit ihrer Schulklasse auch im Bundestag waren und Angela Merkel ihnen zugewinkt hat. Andere Kinder und Jugendliche, die vorbeikommen, lassen sich unter anderem zu einem Kommunalwahlquiz des Kinder- und Jugendbüros Potsdam einladen. Gemeinsam mit Manuela Neels lösen sie auch noch einige Fragen des U18-Puzzles.
Dabei geht es darum, zu verstehen, wofür die Kommune, das Land, der Bund und Europa zuständig sind. Gar nicht so einfach – auch manche erwachsene Begleitung kommt bei einigen Fragen ins Stocken.
Manuela Neels geht es darum, gerade Schüler*innen mit den direkten Auswirkungen z. B. von Kommunalpolitik zu konfrontieren und darum, dass sich ein Engagement im Kreisschülerrat der Landeshauptstadt lohnt. Sie verteilt auch immer wieder die „dein erstes Mal“-Sticker des Stadtjugendringes, auf dessen Webseite viele interessante Informationen bereit stehen.

46 Kinder und Jugendliche haben im Frauenwahllokal ihre Stimme abgegeben
Bis 18 Uhr ist das Eiscafé an diesem Freitag geöffnet und dann wurden die insgesamt 46 abgegebenen Stimmen gemeinsam mit drei jungen Freiwilligen ausgezählt. Auch die politikinteressierte Freundin der Grundschüler*innen war dabei. Im Frauenwahllokal gab es folgendes Ergebnis: Die SPD lag mit über 30 Prozent vorn, dicht gefolgt von den Grünen mit 28 Prozent, die CDU lag bei 8,7, die Linke bei 6,5 Prozent.
Und: Die U18-Europawahllokalaktion war schon von Beginn an ein Erfolg, denn bundesweit hatten sich mehr als 1.100 Wahllokale registrieren lassen, doppelt so viele wie 2014. Das Land Brandenburg mit insgesamt 84 Wahllokalen rangierte auf Platz 4 der Bundesrepublik. Die fünf Mädchen vom Nachmittag hatten jedenfalls klar gesagt, dass sie zukünftig politisch mit einbezogen werden wollen. Denn, so Emilia, „die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, betreffen unsere Zukunft.“
Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Irene Kirchner