Historisches Hörspielkino 3: Minna Cauer und Hedwig Dohm

„Sie hat mich sofort in ihren Bann gezogen“, sagte die Autorin Tini von Poser über Minna Cauer – die Unbequeme der bürgerlichen Frauenbewegung – zur Eröffnung des dritten Hörspielkinoabends im Potsdamer Frauenwahllokal.

Und die Politikwissenschaftlerin und Historikerin, die als freie Redakteurin u. a. für den rbb, Deutschlandfunk, WDR oder den Schweizer Rundfunk arbeitet, begründete auch, warum.

Minna Cauer, die 1841 in der Prignitz geboren wurde und sich schon als Kind gegen bürgerliche Konventionen auflehnte, „interessierte sich für alles“, so Poser und begeistert durch ihre forsche, ironische Art, durch Schlagfertigkeit und Humor und nicht zuletzt durch ihre Kompromisslosigkeit.

Julia Haebler (links) und Tini von Poser

Letztere und auch ihr Einsatz für Prostituierte sowie ihre klaren emanzipatorischen Forderungen Ende des 19. Jahrhunderts stoßen in der bürgerlichen Frauenbewegung auch auf Widerstand und Minna Cauer würde damals am liebsten zur Sozialdemokratie wechseln. Weil sie sich „der Idee,  jedoch nicht dem Vorgehen“ dieser Partei verbunden fühlt. Doch selbst Clara Zetkin riet ihr davon ab.

Tini von Poser, Jutta Rosenkranz und Julia Haebler (v. l. n. r.)

Auch an diesem dritten und letzten Hörspielkinoabend im Eiscafé „Evas Sünde“ wurde klar, wie vielfältig und zahlenmäßig stark die Frauenbewegung im ausgehenden 19. beziehungsweise beginnenden 20. Jahrhundert in Deutschland und Europa war – und dass es gelang, die sehr unterschiedlichen Strömungen im Kampf um das Frauenwahlrecht zu bündeln und somit zum Erfolg zu führen.

Auch die Schriftstellerin und Journalistin Hedwig Dohm, die zweite Protagonistin des Abends, die von der Journalistin und Schriftstellerin Jutta Rosenkranz porträtiert wurde, rebellierte früh und forderte bereits 1873 lautstark das Wahlrecht für Frauen. Zuvor hatte sie ihr Korsett abgelegt, trug die Haare bis ins hohe Alter offen und erkämpfte sich siebzehnjährig einen Platz im Lehrerinnenseminar.

Und schon vor 150 Jahren empfand Hedwig Dohm die ausschließliche Konzentration auf Haushalt und Kinder – sie selbst zog fünf groß – als Zumutung für Frauen und suchte einen Ausgleich in geistiger Beschäftigung, die damals den Männern vorbehalten war. 

Angeregte Diskussion im Frauenwahllokal

Hedwig Dohm war zu ihrer Zeit eine vielgelesene Romanautorin, sie schrieb Theaterstücke und Essays. Letztere haben bis heute nichts an Esprit und Aktualität verloren, wie Laura Kapp vom Frauenwahllokal sagte, die „Die Antifeministen“ von 1902 gerade gelesen hat und sie „noch immer zeitgemäß und brillant findet.“

In der angeregt diskutierenden Runde, die von Julia Haebler moderiert wurde, kam öfter Bewunderung für die starken und emanzipierten Vorkämpferinnen auf und auch die Frage nach dem heute verbindenden kleinsten/größten gemeinsamen Vielfachen der inzwischen überaus differenzierten, modernen Frauenbewegung wurde gestellt.

Auf die Frage, was  Cauer und Dohm zum heutigen Entwicklungsstand der Frauenrechte sagen würden,  sagten beide Autorinnen der inspirierenden Radiofeatures unisono: sie würden sich im Grab umdrehen. Denn noch immer sind wesentliche Forderungen von damals – wie z. B. körperliche Selbstbestimmung (Paragraf 218) oder Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – nicht erfüllt.

Und auch die sehr berührenden Zitate zu verschiedenen Lebensabschnitten von Frauen aus den Schriften von Minna Cauer und Hedwig Dohm zeigten, dass insbesondere Witwenschaft, die beide teilten, und Alter noch immer sehr herausfordernde Abschnitte auch im modernen Frauenleben sind.

Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Laura Kapp

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