„After-Work-Sekt & Snack“ – mit Manja Schüle

„Schnittchen-Termine schmeiße ich gnadenlos raus“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Manja Schüle, die beim ersten „After-Work-Sekt & Snack“ im Frauenwahllokal zu Gast war. Bei dem es nur nebenbei um Häppchen und Smalltalk sondern hauptsächlich um einen intensiven Erfahrungsaustausch in Sachen – Wie kommen mehr (junge) Frauen in die (Bundes-)Politik?- ging.

Manja Schüle, die als einzige ostdeutsche Direktwahlkandidatin seit 2017 im Bundestag sitzt, berichtete auch über ihre eigene Initialzündung in Sachen politisches Engagement: Sie hatte als 14-Jährige dem Oberbürgermeister von Heilbronn einen Brief geschrieben, mit der Absicht, seine Stadt kennen zu lernen, bevor diese Partnerstadt von Frankfurt/Oder werden sollte. 

Manja Schüle sitzt für die SPD seit 2017 im Bundestag

Die Schülerin wollte schon damals – anders als die Generation sprachloser Erwachsener um sie herum – nicht einfach etwas übergestülpt bekommen, sondern mitbestimmen, ob es auch passt. Jedenfalls lud der Oberbürgermeister sie wirklich ein, Heilbronn zu besuchen und die Jugendliche stellte bereits 1990 fest, wie viele Unterschiede es zwischen den beiden Städten gab und welch große Unkenntnis voneinander unter den Menschen herrschte.

Das Thema der gesellschaftlichen Transformation nach der deutschen Wiedervereinigung sollte dann nicht nur ihr politisches Engagement, sondern auch ihre spätere wissenschaftliche Arbeit prägen. Beim Studium der Politikwissenschaft in Potsdam suchte sie außerdem zielstrebig nach einer politischen Heimat, die sie bald bei den JUSOS fand.

Lebhafte Diskussion beim 1. „After-Work-Sekt & Snack“

„Weil die,“ wie Manja Schüle im Frauenwahllokal sagte, „nicht nur diskutierten, sondern pragmatisch und zudem auch sympathisch waren.“ Hier hatte sie neben dem Gefühl des Gemeinsam-Spaß-Habens, was für sie beim politischen Engagement ungemein wichtig ist,  auch das des Gebrauchtwerdens. Da sie sich selbst schnell dafür engagierte, anderen Neuankömmlingen die vielen Abkürzungen in der für Außenstehende ziemlich unverständlichen „Parteisprache“ zu übersetzen.

Diese Übersetzerinnenfunktion nimmt Manja Schüle bis heute ernst. Sie ist auch außerhalb von Wahlkampfzeiten mit ihrem „Mobilen Bürgerbüro“ unterwegs, um für die Menschen in ihrem Wahlkreis ansprechbar, vor Ort zu sein. Seit sie Mitglied des Bundestages ist, hat sie außerdem 2700 Besucher*innen an ihrem Arbeitsplatz empfangen und jedes Mal mit ihnen – trotz übervollen Terminkalenders – bis zu anderthalb Stunden diskutiert.

Besucherinnen des 1. „After-Work-Sekt & Snack“

Es geht ihr darum, durch den direkten Kontakt, Vorurteile abzubauen und Klischees aufzulösen. Das macht sie nicht nur im Hinblick auf die eigene Partei, sondern für das demokratische System insgesamt. Auch Bürger*innenbriefe beantwortet sie persönlich, sogar, wenn sie nicht direkt in ihre Zuständigkeit fallen. Diesen Respekt vor ihren Wähler*innen habe sie bei Günter Baaske gelernt, dessen Büroleiterin im MASGF und im MBJS sie von 2009 bis 2017 war.

Und neben dem politischen Handwerkszeug in der Kommunalpolitik, lernte sie auch Prioritäten zu setzen und verschiedenste Netzwerke zu bauen und zu nutzen. Darauf kann sie jetzt als Bundestagsabgeordnete immer wieder zurückgreifen. Und Manja Schüle knüpft selbst immer wieder neue Netze, auch, um mit anderen weiblichen Abgeordneten fraktionsübergreifend zu diskutieren und zu arbeiten.

Ungemein wichtig ist es für sie, sich als Frau in der Politik authentisch zu verhalten. Manja Schüle erzählte, „dass auch im Bundestag Tränen fließen“, beispielsweise bei der Holocaust-Gedenkrede von Saul Friedländer. Und dass sie neben ihrer mütterlichen/empathischen Seite genauso gut die Klaviatur des Politischen spielen und in Sachfragen hart verhandeln kann.

Engagierte Fragenstellerinnen

Oder, dass sie sich nicht immer der Fraktionsdisziplin, die sie an sich befürwortet, beugen kann und will.  Dass sie in der Partei ihre persönliche Integrität nicht aufgibt, sondern versucht, für ihre Positionen Mehrheiten zu finden und wenn dies nicht gelingt, sorgfältig abzuwägen, ob sie sich dafür oder dagegen entscheidet. Aber auch dafür gäbe es Spielregeln, die sie im Zusammenspiel mit anderen einhalten will und muss.

In der von Irene Kirchner moderierten knapp zweistündigen – sehr informativen und leidenschaftlich diskutierenden – Runde standen dann z. B.  noch Fragen nach der Dauer von politischen Aushandlungsprozessen – wie in der Gesetzgebung – auf der Tagesordnung oder die Renaissance „alter“ Debatten beispielsweise im Hinblick auf den Paragrafen 219a.

Gerade in diesem Zusammenhang sei es ungemein wichtig, dass mehr Frauen als bisher im Bundestag vertreten sind und sich in die immer noch männerdominierten Diskussionen einmischen. Anfangen damit könne jede junge Frau, wie das Beispiel Manja Schüle zeigt, schon in der Schule und/oder direkt vor der eigenen Haustür.

Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Sarah Zalfen

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