Premiere: Speed-Mentoring für zukünftige (Kommunal-)Politikerinnen

An diesem Sonntagmorgen war kaum jemand unterwegs in Potsdams Innenstadt. Doch im Frauenwahllokal in der Dortustraße herrschte schon reger Betrieb. Der Duft von frischem Kaffee und Croissants durchzog den Raum, in dem ein Dutzend Frauen auf Kati Biesecke und Kristy Augustin warteten.

Die Potsdamer Stadtverordnete und Kreisvorsitzende der Partei DIE LINKE und die CDU-Abgeordnete des Brandenburger Landtages, die ebenfalls Kreisvorsitzende ihrer Partei in Märkisch-Oderland ist, waren die beiden Politikerinnen, die bei der Premiere der insgesamt vierteiligen Mentoring-Reihe für zukünftige (Kommunal-)Politikerinnen als erste zu Wort kamen.

Moderatorin Dr. Uta Kletzing fragte sie nach ihren individuellen Wegen in die Politik und ihren persönlichen Erfahrungen im Politikbetrieb, in denen Biesecke seit zehn Jahren ehrenamtlich auf kommunaler Ebene und Augustin seit fünf Jahren als Berufspolitikerin auf Landesebene engagiert ist. Gleichzeitig ermunterte  die Moderatorin die zuhörenden Frauen, unbedingt jede Frage zu stellen, falls etwas nicht verständlich ist.

Kati Biesecke, DIE LINKE

Denn um Verständnis gehe es auch in der Mentoring-Reihe oder wie Kletzing sagte,  „den ganzen Hokuspokus rund um Politik ein wenig zu entzaubern“. Das taten die beiden Politikerinnen auch von Anfang an, indem sie ihre Wege und Erfahrungen erfrischend direkt schilderten.

Kati Biesecke war wie Kristy Augustin früh politisch interessiert, und in ihrer Schulzeit in Ludwigsfelde erst Klassen-, dann Schulsprecherin. Kristy Augustin erlebte die Wiedervereinigung als Zehnjährige und konnte sich sofort für Helmut Kohl und die CDU-Politik begeistern. So war es für beide keine schwierige Entscheidung, in eine/ihre Partei einzutreten. 

Kristy Augustin, CDU

Und da junge engagierte Frauen sowohl in der Kommunal- als auch in der Landespolitik in den meisten Parteien Mangelware sind, gelang es beiden, bald Verantwortung und dann auch Ämter zu übernehmen. Doch auch dort ähnelten sich, unabhängig von der jeweiligen Partei, ihre Erfahrungen. „Man muss sich ein dickes Fell zulegen und einen langen Atem haben,“ fassten es beide zusammen.

Sie erzählten auch offen, wie kränkend es ist,  gerade von „älteren“ Männern anfangs wenig ernst genommen zu werden: „Einige hatten Schwierigkeiten mit mir als 1,50 große Person und Anfang 30“, so Kati Biesecke, mit der Konsequenz, dass ihr Co-Vize oft vor ihr gefragt wurde.  Augenzwinkernd fügte sie hinzu: „Auch bei den Linken gibt es noch was zu tun!“

Und dafür, etwas zu tun, sind beide schließlich angetreten. Dafür stellen sie jede Menge (Frei-)Zeit und (Fach-)Wissen zur Verfügung und sind bereit, Vieles – am besten eigne sich dafür der Petitionsausschuss, so Augustin – neu zu lernen. Beide profitierten dabei von Förderinnen und Förderern, wie Kristy Augustin z. B. von Heiko Homburg und Barbara Richstein und Kati Biesecke von Jana Schulze, die sie intensiv in die Abläufe der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung eingewiesen hat.

Angeregte Diskussion beim Speed-Mentoring

Die (hierarchischen) Vereinsstrukturen, in denen Parteien organisiert sind, schrecken viele potenzielle Interessentinnen ab, das wurde auch in der angeregt diskutierenden Runde im Frauenwahllokal deutlich. Sarah Zalfen skizzierte ihren eigenen Weg vom anfänglichen „Kümmerlieschen“ – Seelen trösten und Brötchen schmieren – bis hin zu ihrer diesjährigen Kommunalwahlkandidatur für die SPD im Wahlkreis 1. Sie sagte, dass es sich lohne, um Menschen und Themen kennenzulernen, erstmal an der jeweiligen Parteibasis mitzuarbeiten.

Die 27-jährige Isabell Glitschka, die für die bevorstehende Kommunalwahl in Babelsberg für DIE LINKE kandidiert, meldete sich ebenfalls zu Wort und fragte nach, wie es die Politikerinnen schaffen, sich neben ihren ganzen Verpflichtungen „das nötige Wissen drauf zu schaffen?“  Auch da antworteten beide sehr authentisch und offen. Die Fähigkeit zum Multitasking gehöre unbedingt dazu und eine nötige Portion Pragmatismus auch. Und, so Biesecke, „dass sie es erst lernen musste, auch mal Nein zu sagen“, dass für sie beispielsweise das Wochenende tabu für politische Arbeit sei –  von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Moderatorin, Dr. Uta Kletzing

Moderatorin Dr. Uta Kletzing sprach das Vereinbarkeitsthema ebenfalls an und verwies auf die Initiative von Bundestagsabgeordneten mit kleinen Kindern „Eltern in der Politik“, die beispielsweise die vorherrschende Sitzungskultur ändern will,  um Menschen, die noch Kinder betreuen, die politische Teilhabe zu ermöglichen.

Nicht erst am Schluss kam das Thema Netzwerke/n zur Sprache und dass fraktionsübergreifende Frauennetzwerke – wie gerade beim Brandenburger Paritätsgesetz bewiesen – eine sehr erfolgreiche Methode sind, Dinge gemeinschaftlich endlich zum Besseren zu wenden. 

Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Irene Kirchner

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