Wirklich einfach scheint das für Frauen immer noch nicht zu sein, denn auch bei den vergangenen Wahlen zur Potsdamer Stadtverordnetenversammlung 2014 hatten nur 27 Prozent Frauen den aussichtsreichen Spitzenplatz 1 ihrer Partei oder Wählergruppe in einem der sechs Wahlkreise inne.
Insgesamt sitzen seitdem 56 Abgeordnete im Stadtparlament, davon sind nur 18 weiblich; das entspricht etwa einem Drittel.

Abgeordnete der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung standen Rede und Antwort
In der ersten Gesprächsrunde im Frauenwahllokal „Wie komme ich auf eure Liste?“, die von Irene Kirchner moderiert wurde, standen die Abgeordneten Janny Armbruster und Peter Schüler (Grüne), Regina Ryssel (CDU), Katharina Tietz und Corinna Liefeld (Die Andere) und Pete Heuer (SPD) dazu Rede und Antwort.
Eines steht fest: Das Thema „Quotierung über die Wahlkreise und auf den jeweiligen Listen“ ist für die erfolgreiche Kandidatur von ausschlaggebender Bedeutung. Denn während die Grünen und die Anderen diese schon länger mit Erfolg praktizieren, gab die Vertreterin der Frauen Union zu bedenken, dass in ihrer Partei (noch) nicht so viele Frauen aktiv seien und das Thema Quote viele Jahre „stiefväterlich“ behandelt wurde.

Regina Ryssel von der FrauenUnion sagte, dass in ihrer Partei das Thema Quote lange Zeit „stiefväterlich“ behandelt wurde.
Jenny Armbruster zeigte indessen auf, dass die strenge Quotierung den Frauenanteil nachhaltig erhöht und dass die Präsenz von Frauen in politischen Ämtern dadurch nicht mehr infrage gestellt sei. Auf jeder Grünen Liste gehört der 1. Platz automatisch einer Frau – und ein Frauenrat muss zustimmen, wenn davon abgewichen werden soll. Bei der letzten Wahl wurden drei Wahlkreise mit Frauen auf Platz 1 besetzt.
Dies und auch das einjährige Rotationsprinzip der Potsdamer Wählergruppe die Anderen scheint gerade auch für (junge) Frauen attraktiv zu sein, die sich kommunalpolitisch engagieren wollen. Etwas, das die Veranstaltungen des Frauenwahllokals auch im kommenden Wahljahr 2019 fördern wollen.
Denn schließlich sei es ein herausfordernder Spagat, Berufstätigkeit oder Studium, Familiengründung und politisches Engagement unter einen Hut zu bringen. Man müsse für nur eine Stadtverordnetenversammlung auch schon mal 1.000 Seiten Vorlage lesen, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Pete Heuer sagte, und habe neben dem Posten als Stadtverordneter auch noch durchschnittlich vier bis fünf andere Funktionen in Gremien oder Aufsichtsräten wahrzunehmen.

Auf jeder Grünen Liste gehört der 1. Platz automatisch einer Frau – und ein Frauenrat muss zustimmen, wenn davon abgewichen werden soll.
Besonders hoch waren/sind dabei die Hürden für Frauen mit Kindern: Noch bis vor kurzem mussten Frauen mit Kindern, wenn sie Kinderbetreuungskosten für Sitzungszeiten abrechnen wollten, nachweisen, dass der Vater des Kindes dieses während ihrer Abwesenheit nicht betreuen kann. Inzwischen wurde dieser Passus abgeschafft.
Ein weiteres Thema des intensiven parteiübergreifenden Austausches im „Frauenwahllokal“ war auch die Quotierung der Aufsichtsratsposten in Kommunalen Unternehmen der Stadt Potsdam, auf denen bisher nur wenige Frauen sitzen. Hier sind Frauen weniger vertreten, da zumeist nur eine Person von jeder Partei oder Wählergruppe entsendet wird und keine über-greifende Abstimmung im Hinblick auf die Quotierung stattfindet. Etwas, das in Zukunft unter gleichstellungspolitischen Aspekten geprüft werden sollte.

Irene Kirchner (stehend) moderierte die parteiübergreifende Diskussionsrunde
Nach der Feststellung des Ist-Zustandes wurde auch ein Blick in die Zukunft gewagt. Die Initiatorinnen des Frauenwahllokals wollen ein Expertinnengremium in Form eines Frauenbeirates – ähnlich wie der Beirat für Menschen mit Behinderung oder der für Migranten – in der Landeshauptstadt schaffen, der sein Hauptaugenmerk auf Geschlechtergerechtigkeit legen will. Eine Idee, die in der angeregt diskutierenden Runde wohlwollend aufgenommen wurde.
Zudem sind im März 2019 vier Kommunale-Kandidatinnen-Frühstücks- veranstaltungen inklusive Speedmentoring geplant, die es gerade jungen Frauen ermöglichen sollen, ihren Platz in den Kommunalparlamenten zu erringen. Denn hier können sie von Frauen lernen, die den Sprung in die Parlamente bereits erfolgreich gemeistert haben. Und von deren Erfahrungen die Jüngeren durchaus profitieren können.
Text: Astrid Priebs-Tröger
Fotos: Sarah Zalfen